Unverändert blieben jedoch das Primat des Kommunismus und die allgemeinen Vorstellungen über diesen als höchste Phase des sowjetischen politischen Prozesses. Die Bolschewiki haben unter den Losungen des Kommunismus die imperiale Geschichte Russlands hinter sich gelassen. In der Epoche Iosif Stalins geriet die reale Geschichte der bolschewistischen Bewegung und der Oktoberrevolution selbst in Vergessenheit. Doch nach Stalins Tod machte sich der neue Parteiführer Nikita Chruščëv daran, den Kult um seinen Vorgänger zu entlarven. zurückführen und sie vom autoritären Stalinismus säubern würde. Nie zuvor hatte der Personenkult um Lenin eine derart umfangreiche Mythologisierung erfahren.
Das Leninbild wurde zu einer Art heiligem Symbol, zu einem Orakel der offiziellen Ideologie. zu den grundlegenden Mythologemen des Sowjetstaates. Lenins Name wurde wie ein Schwur genannt.
Eine fünfte Ausgabe seiner Werke erschien. Ruhm der Partei Lenins! sche Programm der Partei! Es lebe das leninistische Zentralkomitee!
Der Mythos des Kommunismus wurde nun durch neue Akzente ergänzt und von der sowjetischen Propaganda millionenfach im Land und im Ausland verbreitet. All das sollte dazu beitragen, den Stalinkult aus dem gesellschaftlichen Bewusstsein zu verdrängen und den Sowjetmenschen neue Horizonte eröffnen. Der Mobilisierungseffekt war stark, aber kurzlebig. Als später die Zeit von Michail Gorbačëvs Perestroika gekommen war, wurde Brežnevs Politik der Stagnation zum Objekt der Kritik. cin und seine Anhänger, die nunmehr Gorbačëv beschuldigten.
trugen dazu bei, einen Teufelskreis zu errichten, der sich um die Lösung der taktischen Aufgabe, die Macht um jeden Preis zu erhalten, drehte. Ungeachtet all dieser Metamorphosen bewahrte die ihrer Struktur und Kommunikationspraxis nach außerordentlich hierarchische Sowjetideologie den unveränderlichen Mythos vom Kommunismus. Dahinter verbarg sich der eigentliche Sinn der staatlichen und Parteiprozesse in der UdSSR: Wer sind wir? Was sind unsere Orientierungspunkte?
Vom genauen Erklärungsschema, das simpel und einfachen Leuten verständlich war, hingen die Stabilität des Systems und sein Mobilisierungspotenzial ab. Von ihm hingen auch die gesellschaftlichen Illusionen und Hoffnungen ab. Das Phänomen der Sechzigerjahre sind eben jene hohen Erwartungen, die Chruščëv der Gesellschaft vermitteln konnte, die Ideen von der Bürgeraktivität und Selbstverwaltung, dem Dialog zwischen Macht und Gesellschaft, die er unter den Bedingungen der engen Grenzen, die das sowjetische System setzte, unterbreitete. zu verstehen, das unterschiedliche Erfahrungen der Projektierung gesellschaftlicher Prozesse in der UdSSR zu begründen suchte. und dem dahinter verborgenen Sinn erschwert.
Diese trockene, bürokratische, komprimierte, emotionslose Sprache, diese Sprache der sowjetischen Parteinomenklatura, lässt sich schwer übersetzen, da die einzelnen Formulierungen viele Prozesse in sich vereinigen. wurde zum Markenzeichen und hat seine Epoche überdauert. wurde als gesamtgesellschaftliche Aktion interpretiert, als höchster Ausdruck der kollektiven Arbeit der Sowjetmenschen, als Wesen ihrer allgemeinmenschlichen Mission. kam in dieser Verbindung dem alten russischen Mythos von der Stadt des Überflusses Kitez nahe. Der Legende nach kannten die Einwohner dieser Stadt weder Hunger noch Entbehrungen und lebten in Wohlstand und Geborgenheit.
seiner Politik und seinem Kampf um die Macht blieb sie stets untergeordnet. Die Erinnerung an die Zeit von Nikita Chruščëv ruft auch heute noch heftige Reaktionen hervor. fast dreißig Jahre lang in Vergessenheit, war er während der Perestroika heftig umstritten. mit dem neuen Denken von Gorbačëv zusammenhing.
Die Diskussionen entflammten unmittelbar nach der Veröffentlichung seiner Memoiren, zunächst in Auszügen in Zeitschriften, später folgte eine Buchausgabe. Zwischen 1990 und 2000 erschienen mehrere Studien, in denen die Autoren den Versuch unternahmen, das Phänomen der politischen Führung Chruščëvs zu analysieren. Bis heute bleibt jedoch die Frage, ob seine Reformen nur eine Imitation der Modernisierung oder eine scharfe Wendung in der Reformierung der Sowjetordnung waren, unbeantwortet. Als politischer Führer bildete er sich an der Bruchstelle zweier Epochen heraus, derjenigen Stalins und jener neuen, der er einen frischen Wind einhauchen wollte. Parteitag positionierte sich Chruščëv als überzeugter Antistalinist, blieb jedoch ein Leben lang von der Epoche des Stalinismus geprägt.
immer auf Stalin zurückkam. wollte Stalin loswerden, doch konnte es nicht. Er versuchte zu verstehen, was damals mit dem Land, mit dessen Führern, mit ihm selbst, geschehen war. Wie ist es dem Tyrannen gelungen, sich nicht nur das Land untertan zu machen, sondern auch noch die Einwohner zu zwingen, ihn zu vergöttern? Er suchte nach einer Antwort, konnte aber keine finden.
Während er die Stufen der Macht erklomm, eignete er sich sehr genau die Grundregeln des sowjetischen politischen Prozesses an. Es war ein Konflikt zwischen Realität und ideologischer Mythenbildung, der von der Sowjetordnung und Sowjetpolitik hervorgebracht worden war. Chruščëv balancierte ständig am Abgrund der Macht, dennoch gelang es ihm über sehr lange Zeit, seine Gegner und ihre Aktivitäten zu durchschauen. Es schien, als ob eine unsichtbare Hand diesen Menschen auf den Gipfel der sowjetischen Macht führte. Sein Äußeres war das eines biederen Menschen, seine weichen bäuerlichen Gesichtszüge, die abstehenden Ohren waren nur eine Maske, die ihm in zahlreichen kritischen Situationen eine Hilfe war.
Es schien nur so, dass er ein Simpel war. Oft spielte er den Einfältigen. Doch ich sah häufig, wie kalt seine kleinen Augen im Zorn wurden. Er kannte die Spielregeln und die brutalen Varianten des Spielverlaufs genau. und gegen die Zustimmung der Basis zu allen Initiativen und Schwankungen anzugehen.
schen politischen Erbe übernommen, worauf musste verzichtet werden? Doch es gelang ihm, die sowjetische Gesellschaft aus dem Teufelskreis des totalitären Stalinismus herauszuführen und die am Menschen ausgerichtete Reform zu etablieren. Nicht zuletzt ist es seiner Impulsivität und Hartnäckigkeit zu verdanken, dass sich ein umfassender Dialog zwischen der UdSSR und dem Westen zu entfalten begann.
In der Struktur der sowjetischen Ideologie nahm die Idee des Kommunismus eine Schlüsselstellung ein und diente als grundlegendes Mobilisierungsinstrument. Der ehemalige Vladimirskij trakt, auf dem in imperialer und Sowjetzeit Häftlinge in die Lager und Gefängnisse in Mordovien und im Ural getrieben wurden, wurde in den Zwanzigerjahren umbenannt. wurde zu einem spezifischen paradoxen Symbol der UdSSR. und Vierzigerjahren erfolgte eine Revision der Theorie vom Aufbau des Kommunismus. ein Resultat der außenpolitischen Situation. Der weltweite Sieg des Kommunismus, den die Bolschewiki mit Lenin an der Spitze erwartet hatten, war nicht eingetreten.
Die UdSSR war mit einer belagerten Festung, eingekreist von Kapitalisten, vergleichbar. Doch in der offiziellen Propaganda, im Kino, auf zahllosen Plakaten, war immer wieder davon die Rede, wurde die lichte Zukunft ins Bild gesetzt. Gesunde, gut gekleidete und satte Menschen lächelten glücklich aus der Zukunft herab und ließen ihre blendend weißen Zähne blitzen. In einem Gespräch mit Vertretern amerikanischer Arbeiter im September 1937 skizzierte Stalin in aller Kürze seine Vorstellung vom Kommunismus. Wirtschaft und Volkswirtschaft würden sich auf der Grundlage der wissenschaftlichen Errungenschaften entfalten.
Die von der ewigen Sorge um das Stück Brot befreite Persönlichkeit würde zur wahrhaft freien Persönlichkeit. Es schien, als ob Stalin seinen Kurs auf den Kommunismus festlegte, der sich am Horizont abzeichnete, indem er die repressiven Methoden der Industrialisierung, die brutale Kontrolle der Kolchosbauern und ihre Rechtlosigkeit rechtfertigte. Nicht zufällig wurde 1939 auf dem XVIII. Parteitag die Vollendung des Aufbaus des Sozialismus propagiert. Das Land sollte allmählich in den Übergang zum Kommunismus eintreten. Doch der Zweite Weltkrieg durchkreuzte diese Pläne.
Aber unmittelbar nach seinem Ende, als die Prozesse der Sowjetisierung in den Staaten Osteuropas einsetzten, traf Stalin die Entscheidung, ein neues Parteiprogramm zu erarbeiten, in dem der Übergang zum Kommunismus begründet wurde. lag ein Entwurf mit vielen Ungereimtheiten vor, und dennoch wurde voller Optimismus erklärt, dass in der UdSSR in den kommenden zwanzig bis dreißig Jahren der Kommunismus errichtet sein würde. Für die Wissenschaftler war das ein Grund, eine direkte Analogie zwischen der Periodisierung des Aufbaus des Kommunismus durch Stalin und dem Zeitrahmen, den Chruščëv in der Folgezeit verkündete, zu ziehen. Zu diesem Zeitpunkt sollte die UdSSR ein qualitativ neues Entwicklungsstadium erreichen. Auf dem historischen XX.